Geschichte der Chemie

Geschichte der Chemie

Die Geschichte der Chemie ist seit ältesten Zeiten eng mit handwerklichen Tätigkeiten verbunden. Zu Beginn der Neuzeit entwickelte sie sich aus der Verbindung der antiken chemischen Praxis mit der, über arabische Gelehrte nach Europa vermittelten, mittelalterlichen Alchemie. Neben den praktischen Aspekten bemüht sich die Chemie seit ihren Anfängen, gemeinsam mit ihrer Schwesterwissenschaft, der Physik, das innere Wesen der Materie aufzuklären.

Ab etwa dem 18. Jahrhundert entwickelte sich die Chemie zu einer exakten Naturwissenschaft, die dann ab dem 19. Jahrhundert begann, eine enorme Fülle von praktisch verwertbaren Ergebnissen zu liefern, die zur Errichtung einer chemischen Industrie führte.

Die industrielle Anwendung der Chemie führte als Nebenprodukt aber auch zu immer größeren Umweltschäden, die etwa ab 1970 zum Entstehen einer Umweltbewegung führte, damit die chemische Industrie wie auch die Gesellschaft insgesamt zu nachhaltigem Handeln ohne Umweltverschmutzung bewegt wird.

Heute ist die Chemie eine sehr differenzierte Wissenschaft, die in ihren zahlreichen Sparten unterschiedlichste Forschungsziele hat und eine Vielzahl von Technologien zur Umwandlung von Stoffen (chemische Reaktionen) jeder Art nutzt.

Die Wurzeln der Chemie

Etwa 1000 v. Chr. war in vielen Gebieten Vorderasiens, Ägyptens, Griechenlands die Metallgewinnung aus Erzen bekannt. Verwendung fanden Gold, Silber, Eisen (500 v. Chr. in Europa, 4000 v. Chr. in Ägypten), Kupfer (4000 v. Chr.), Zinn (Legierung mit Kupfer 3000 v. Chr.), Blei (500 v. Chr. verwendet für Wasserröhren, Schreibtafeln, Münzen, Kochgefäße in Rom) Quecksilber (300 v. Chr., Theophrast und Dioskorides, flüssiges Silber, Gewinnung aus Zinnober mittels Kupfer und Essig), ebenso Stoffe wie Schwefel, Salpeter oder Kohle. Die Metallnamen waren mit Wochentagen und Planeten verbunden. Auch die Verfahren zur Herstellung von Ton (für die Töpferei), Steingut, Glas (1500 v. Chr., Ägypten, geblasenes Glas, Rom 30 v. Chr.) und Porzellan (China) waren bekannt. Ferner waren Salben, Seifen, Öle, Milch und Quark, Wein, das Bierbrauen, Essig, das Papyri, die Lederherstellung und das Färben (Farbstoffe: Henna, Indigo, Krapprot, Safran; Pigmente (z. B. Mennige, Bleiweiß, Zinnober, Ocker, Blaustein, Grünspan, Bleiglanz, Arsen- und Antimonsulfid), ätherische Öle, Salze (Alaun, Kochsalz) (aus Verdunstung des Meerwassers, zur Konservierung von Nahrungsmitteln) bekannt. Schwefeldämpfe (Schwefeldioxid, in Wasser Sulfite) wurden zum Räuchern, zum Reinigen von Stoffen, zur Konservierung von Wein, zur Zerstörung von Farbstoffen, zur Herstellung von Alaun verwendet. Bei den Ägyptern, Griechen und Römern kannte man bereits verschiedene Arzneimittel wie Kupfervitriol (Kupfersulfat, Brechmittel), Alaun (zum Gurgeln), Eisenrost, Bleiglätte, Mohnextrakt (zum Einschläfern), Bilsenkraut, Mandragorawurzel, Hyoscyamin, Skopolamin (zum Berauschen, Betäuben).

Die Chemie in der Antike unterschied sich von heutigen Herstellungsverfahren der technischen Chemie nur dadurch, dass diese Prozesse nicht sehr kompliziert waren und daher in vielen Kulturen praktiziert werden konnten.

Die Gewinnung von Metallen hatte in früherer Zeit erhebliche Bedeutung. Aus Metallen konnten – nach Vorgaben des menschlichen Geistes – Formen für Werkzeuge, Geräte des täglichen Bedarfs, Münzen, Rüstungen zunächst gedanklich, dann materiell erschaffen werden, die dann in erheblicher Weise das gesellschaftliche Leben beeinflussten. Die Idee – nach Platon die Weltseele – wandelt sich durch die Metallherstellung in Gegenstände um, die die Erfindung und das Werkzeug über den Tod des Erfinders hinaus überdauern können. Schon die Griechen übertrugen den Zustand des Gemeinwesens auf Metalle (Eisernes Zeitalter, Silbernes Zeitalter, Goldenes Zeitalter) und das Münzmetall (Gold, Silber, Eisen) konnte den Mitgliedern der Gesellschaft mehr Gleichheit (Münzmetall: Eisen in Sparta) ermöglichen oder besondere Leistungen und hohe Verdienste mit kostbaren Münzen (Münzmetalle: Gold, Silber) sanktionieren.

Viele Griechen glaubten an einen einzigen Urstoff der Welt. Thales von Milet (Urstoff: Wasser), Anaximenes von Milet (Urstoff: Luft), Heraklit (Urstoff: Feuer). Empedokles von Agrigent sah die vier Urstoffe vereinigt: Erde, Wasser, Luft und Feuer. Er dachte sich einen Feuerstoff in der Luft (Grundlage der späteren Phlogiston-Theorie nach Stahl) und vermutete, dass sich die vier Urstoffe zufällig mischen, wobei Liebe und Streit zwischen den Urstoffen eine Rolle spielt. Alle Dinge der Welt entstehen aus der Mischung dieser vier Elemente. Empedokles vermutete auch, dass Luft aus Materie besteht und es kein Vakuum geben könne, da er das Prinzip einer Pipette untersucht hatte. Demokritos von Abdera (Demokrit) und Leukippos glaubten an unteilbar kleinste Teilchen eines Stoffes, das sie Atom nannten.

Auch Platon und Aristoteles befassten sich mit Naturphilosophie. Aristoteles glaubte an die vier Urelemente des Empedokles, er glaubte jedoch auch noch an vier Ureigenschaften (warm-kalt, trocken-feucht). Jedes Element besitzt zwei Ureigenschaften (z. B. Wasser: feucht, kalt). Durch Austausch der Eigenschaften sollten sich Stoffe umwandeln können. Ein weiteres Urelement ergänzte Aristoteles – den Äther. Dieser Stoff sollte ewig und unwandelbar alles durchdringen, in allen Stoffen enthalten sein. Aristoteles erkannte auch, dass es eine Verwandtschaft der Metalle beim Schmelzen gibt, es kommt auf das richtige Mischungsverhältnis an. Er übertrug diese Gedanken auch auf Körpersäfte von erkrankten Menschen (siehe Humoralpathologie). Durch Pflanzensäfte oder Salze konnte der kranke Mensch möglicherweise gesunden, dies war die Basis für spätere heilkundliche Versuche (Galenos) und für spätere Arzneimittel. Alle irdischen Vorgänge sah Aristoteles als Widerspiegelung der himmlischen Vorgänge. Die Metallarten wurden später einzelnen Planeten zugeordnet.

Aus der Naturphilosophie entwickelte sich später die Alchemie. Die Alchemie verband in der Frühzeit Zauber und Mystik mit dem Verfahren der Metallumwandlung, chemisch-physikalischen Reinigungsverfahren, der Farbmittelherstellung.

In Ägypten vermengten sich im 2. Jahrhundert n. Chr. Religion, Astrologie und Magie. In der religiösen Richtung der Gnosis, die eine andere Ausrichtung als das spätere Christentum gegenüber dem Übel auf der Welt (Theodizee) hatte, spielte die innere Erleuchtung durch Alchemie eine wichtige Rolle. In der Schöpfungsgeschichte der Gnostiker wurden chemische Begriffe wie Sublimation und Destillation (Vergeistigung) bzw. Mischungen (Läutern) benutzt. Erste ausführliche Zeichnungen und Beschreibungen vieler chemischer Prozesse in Ägypten um 400 n. Chr. stammen von Zosimus aus Panopolis. Auch ältere Quellen (z. B. von Bolos von Mendes 250–200 v. Chr.) sind bekannt. Statt der vier Urelemente wurden in dieser Phase zwei Grundstoffe der Materie erdacht. Quecksilber und Schwefel. Der erstgenannte Stoff ist ein flüssiges Metall, das durch Einwirkung auf andere Metalle fest wird (Amalgamierung). Der zweite Stoff verbrennt leicht unter Flammenbildung, dabei entstehen Gase. Ferner wurde das Quecksilber und Arsen als männliches Prinzip, der Schwefel als weibliches Prinzip betrachtet.

Durch die Ausbreitung des Islams ging das alte griechische Wissen auf islamische Wissenschaftler über. Ein bedeutender islamischer Alchemist war beispielsweise Dschābir ibn Hayyān.

Die Theorien der Alchemisten ergaben sich in der Chemie im Mittelalter nicht nur aus ihren experimentellen Erfahrungen, sondern auch aus Lehren der Astrologie und einem Weltverständnis, das man heute als esoterisch bezeichnen würde, tatsächlich aber der frühe Versuch einer phänomenologischen Theorie im Rahmen der damaligen Axiomatik war.

Ab dem 12. Jahrhundert brach – dank der Kontakte zu den arabischen Alchimisten – der „Alchimieboom“ über Europa herein: 1085 schrieb Gerhard von Cremona in Toledo das erste Chemiebuch Europas: „Das Buch der Alaune und Salze“, 1193–1280 forschte Albertus Magnus in Köln, und selbst der Kirchengelehrte Thomas von Aquin betrieb unter dem Rückgriff auf Aristoteles und die Bibel „studiae alchymicae“.

Das Ziel der Alchemie war es, aus unedlen Metallen mittels Transmutation Gold zu machen und beim Großen Werk über die eigene Läuterung zum Stein der Weisen zu finden. Die Alchemie war jedoch eingebunden in Naturerkenntnisse mit magischen, ganzheitlichen Bestrebungen, die Stoffe sowie die Seele des Experimentators in einen geläuterten Zustand zu überführen.

Die Anfänge einer systematischen praktischen Chemie

Die gesellschaftlichen Änderungen im Zeitalter der Renaissance: die Erfindung des Buchdruckes durch Gutenberg (1450), die Entdeckung Amerikas (1492), die Reformation durch Martin Luther brachten auch in der Alchemie Neuerungen. Bedeutsame Alchemisten dieser Zeit waren Paracelsus (1493–1541), Faust (1480–1540), Vanoccio Biringucci (1480–1539), Georgius Agricola (1494–1555). Die Bücher der Alchemisten verbreiterten die exakten Kenntnisse in der alchemistischen Anwendung.

Metallurgie

Bereits um 1500 gab es erste Schriften zur Metallgewinnung in Deutschland.

Vannoccio Biringuccio schrieb 1540 das Werk Pirotechnica und gab damit einen umfangreichen Überblick über Metallkunde, Waffenproduktion und Maschinen.

Im 16. Jahrhundert schrieb der sächsische Gelehrte Georgius Agricola sein zwölfbändiges Werk über Metallurgie, De re metallica libri XII (Basel 1556), deren Band sieben für lange Zeit ein Standardwerk für die frühe Analytische Chemie, das heißt für Nachweisreaktionen und zum Prüfen von Metallen, wurde. Einige Abschnitte aus seinem Werk basierten auf dem Werk Pirotechnica von Vannoccio Biringuccio. Erstmals wurden in dem Werk Metalle wie Wismut und Zink beschrieben. Es wurden für diese Metalle jedoch noch andere Namen verwendet (Kobelt oder Cadmia metallica); erst 1617 wurde in Löhneyss Werk (Das Buch vom Bergwerk) das Wort Zink verwendet. De re metallica stellt die erste umfassende und systematische Zusammenstellung des metallurgischen Wissens der frühen Neuzeit dar.

Arzneiherstellung

Neben der Metallurgie war im 16. Jahrhundert die Pharmazie in der praktischen Chemie von besonderer Bedeutung. Der deutsche Arzt und Naturwissenschaftler Paracelsus begründete die chemische Forschung zur Bekämpfung von Krankheiten (Iatrochemie). Er versuchte die Lebensvorgänge chemisch zu deuten und die Chemie in den Dienst der Medizin zu stellen. Seiner Überzeugung nach, kommen Krankheiten von außen und können daher mit chemischen Stoffen von außen behandelt werden.

Paracelsus beschrieb auch Vergiftungserscheinungen durch schädliche Stoffe (Bleisalze) und gilt daher als Mitbegründer der Toxikologie. Er hat auch das Wort Alkohol erstmals eingeführt und die Notwendigkeit der Isolierung von Heilbestandteilen aus Pflanzen (quintia essentia) angeregt.

Paracelsus wendete jedoch auch giftige Stoffe zur Bekämpfung von Krankheiten an, da er hoffte, dass die richtige Dosis eines Stoffes ausschlaggebend für die Gesundung sei. Seine Heilkunde wurde jedoch von vielen Kritikern bekämpft, die Antimonpräparate von Paracelsus wurden im Jahre 1566 durch einen Parlamentsbeschluss in Frankreich verboten. Viele spätere Alchemisten waren jedoch Anhänger der Lehre von Paracelsus, so Johann Baptista van Helmont, Andreas Libavius, Johannes Hartmann (1563–1631). Letzterer erhielt erstmals einen Lehrstuhl für Iatrochemie in Marburg.

Im Laufe der Zeit wurden besonders im Bereich der Arzneiherstellung viele Apparate und Verfahren entwickelt, die man teilweise bis heute in chemischen Laboratorien nutzt: Mörser zum Zerkleinern, Glaskolben, Retorten, Spatel, genaue Waagen, Destillationsapparate usw.

Farbenchemie

Mit der Synthese von Alizarin 1869, dem bis dahin aus großflächig angebautem Färberkrapp gewonnenen roten Farbstoff, durch Carl Graebe und Carl Liebermann begann der Siegeszug synthetischer Farbstoffe und der Niedergang des Anbaus von Pflanzen zur Farbstoffgewinnung. Rotes Fuchsin, erstmals synthetisiert 1858, bildete die wirtschaftliche Basis für die späteren Farbwerke Hoechst AG. Als weiterer wichtiger synthetischer Farbstoff folgte unter anderem Indigo, synthetisiert 1878 von Adolf von Baeyer.

Bis zum Ersten Weltkrieg war Deutschland führend insbesondere in der Farbstoffchemie. Es verlor seine Vormachtstellung, da die Patente und Markenzeichen während des Ersten Weltkriegs in den Ländern der Kriegsgegner enteignet wurden und dort eine eigene chemische Industrie nach Wegfall von Deutschland als Handelspartner aufgebaut wurde. Durch den Friedensvertrag von Versailles gab es außerdem Handelsrestriktionen.

In dieser Zeit war die Arzneimittelentwicklung eng mit den Farbstoffwerken verbunden und in Deutschland sehr erfolgreich. Ein Verkaufsschlager über viele Jahre war das von der Firma Hoechst seit 1910 vertriebene Salvarsan®, entwickelt von Paul Ehrlich und Sahachiro Hata.

Elektrochemie

Mit der revolutionären Idee, chemische Elemente lägen in Lösung in Form von elektrisch geladenen Ionen vor, legte der englische Physiker und Chemiker Michael Faraday die Grundlage für die Elektrochemie und formulierte 1832 seine Theorie der Elektrolyse in seinen Faradayschen Gesetzen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden an vielen Stellen, wo Elektrizität durch billige Wasserkraft reichlich zur Verfügung stand, elektrochemische Werke errichtet. Ein Beispiel dafür ist die Wacker-Chemie im bayerischen Burghausen. Damit wurde die großtechnische Herstellung von Aluminium, Magnesium, Natrium, Kalium, Silicium, Chlor, Calciumcarbid usw. ermöglicht, was zu weiteren Impulsen zur Errichtung von großen Chemiewerken führte (vgl. unter Chemie in der Neuzeit).

Sprengstoffe und Düngemittel

Die großtechnische Einführung des Haber-Bosch-Verfahrens zur katalytischen Gewinnung von Ammoniak aus Luftstickstoff im Jahre 1910 sowie anderer Redoxreaktionen hatte nicht nur eine große wissenschaftliche sowie wirtschaftliche, sondern auch eine enorme strategische Bedeutung. Damit war die Herstellung der für die Produktion von Sprengstoffen, Düngemitteln und Farbstoffen unerlässlichen Salpetersäure in Deutschland möglich, ohne auf Salpeterimporte aus Übersee angewiesen zu sein.

Die Modifizierung von Naturstoffen

Etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts hatten Chemiker begonnen, Naturstoffe durch chemische Prozesse abzuwandeln, um so kostengünstige Werkstoffe als Ersatz für teure zu gewinnen. Vor allem wird Zellulose modifiziert: Es entsteht zunächst Nitrozellulose, die in Form von Zelluloid Fischbein von Bartenwalen ersetzt und als Zellseide eine billige, wenn auch extrem feuergefährliche Alternative zu Naturseide bietet. Weitere Entwicklungen führen zu weniger gefährlichen Zelluloseprodukten, z. B. Viskose. 1897 wird aus Milcheiweiß als Ersatz für Horn der Stoff Galalith erzeugt. Viele dieser Entwicklungen jener Zeit fanden in Deutschland statt.

Chemie im Ersten Weltkrieg

Besonders auf deutscher Seite übte der Krieg einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Chemie und der chemischen Industrie aus. Zum einen verloren deutsche Unternehmen (vor allem nach dem Kriegseintritt der USA 1917) die Verbindung zu ihren ausländischen Zweigwerken. Aus diesem Grund teilten sich einige renommierte Unternehmen in ein deutsches und ein amerikanisches Unternehmen. Dies traf auf den traditionellen Händler und Hersteller von Chemikalien, Merck in Darmstadt zu oder auf den Spezialisten für Gerbereichemikalien Röhm, der später das Plexiglas entwickelt hatte.

Auf der anderen Seite zwang der Mangel aufgrund der Blockade und der Umstellung auf Kriegsproduktion Deutschland, für viele Zwecke auf synthetische Ersatzprodukte zurückzugreifen. Das gilt etwa für Gewürze, die durch von der chemischen Industrie hergestellte Aromastoffe auf geeignetem Trägermaterial ersetzt wurden. So gab es Ersatzpfeffer, der synthetisches Piperin auf gemahlenen Haselnussschalen war.

Der Krieg veranlasste Chemiker auch dazu, sogenannte Kampfgase zu entwickeln und einzusetzen. Führend dabei war Fritz Haber.

Teilweise profitierte die chemische Industrie stark von der Produktion kriegswichtiger Materialien wie Salpetersäure und Sprengstoffen sowie Kampfgasen und Filter für Gasmasken.

Chemische Industrie seit dem Ersten Weltkrieg

Nach dem Ersten Weltkrieg verlagerte sich der Schwerpunkt der industriellen chemischen Entwicklung aus Deutschland mehr nach Frankreich und in die USA.

Polymerchemie

Ein Pionier der Polymerchemie, von damaligen Chemikern oft geringschätzig als "Schmierenchemie" bezeichnet, ist Hermann Staudinger, der die theoretische Grundlage für diesen Zweig legte. In den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts wurden die ersten vollsynthetischen Kunststoffe entwickelt und in die industrielle Produktion gebracht: PVC, Polyvinylacetat, Nylon, Perlon und dazu kautschukartige Massen (Buna).

Den ganz großen Aufschwung erlebte die Herstellung und Verwendung von Polymeren (Kunststoffen) bald nach dem Zweiten Weltkrieg, als im Laufe der Jahre eine unübersehbare Vielfalt von Kunststoffen mit unterschiedlichsten Eigenschaften und für die unterschiedlichsten Anwendungen geschaffen wurden.

Synthetischer Treibstoff

Besonders das aufrüstende nationalsozialistische Deutschland hatte großes Interesse an synthetischem Motortreibstoff für seine Armee. Da Deutschland nur geringe Erdölvorkommen aufzuweisen hatte, hingegen riesige Mengen Kohle, wurde die Erzeugung von Motortreibstoff aus Steinkohle vorangetrieben. Das Ergebnis sind die Fischer-Tropsch-Synthese und das Bergius-Pier-Verfahren Damit erlangt die Chemie am Vorabend eines weiteren Krieges wieder strategische Bedeutung, was auch auf den synthetischen Kautschuk zutrifft, der zunächst vor allem für Reifen von Militärfahrzeugen gebraucht wird.

Insektizide und Bakterizide

Ganz besondere Bedeutung nimmt der Kampf gegen krankheitsverursachende Mikroben und gegen Schädlinge an, da er sowohl die Landwirtschaft als auch die Medizin tiefgreifend und nachhaltig beeinflusst. Gerade auf diesem Gebiet betreibt die chemische Industrie einen enormen Aufwand in der Entwicklung, fährt aber auch die höchsten Gewinne ein.

Mit der Entwicklung und Produktion von DDT Dichlordiphenyltrichlorethan ab Anfang der 1940er Jahre träumte man von einer völligen Beseitigung der Malaria durch totale Ausrottung der sie übertragenden Mücken. Im Laufe der folgenden 20 bis 30 Jahre werden immer neue, noch speziellere Insektizide entwickelt und auf den Markt gebracht. Ab etwa 1970 kommt die Ernüchterung: Die Schädlinge entwickeln Resistenzen, die schwer abbaubaren Insektengifte reichern sich in der Nahrungskette an und bringen die Lebewesen am Ende der Kette wie Greifvögel in die Gefahr der Ausrottung. Neben der Umweltverschmutzung durch Chemiewerke sind die Nebenwirkungen der Insektizide und anderer Landwirtschaftschemikalien ein wesentlicher Grund für das Erstarken einer gegen die Anwendung von synthetischen Chemikalien gerichteten Umweltbewegung und den Erlass eines DDT-Gesetzes, das Produktion, Handel und Anwendung von DDT verbietet.

Mit den Sulfonamiden kommt aus den Laboratorien der Arzneimittelentwickler eine Gruppe von potenten Medikamenten gegen Bakterieninfektionen verschiedener Art. Der erste Vertreter dieser Gruppe war 1935 Prontosil, das ursprünglich als Textilfärbemittel verwendet wurde. Auch hier wird den Mitteln aus der Retorte mehr zugetraut, als sie schließlich halten können. Es sind zwar wirksame Medikamente, aber alles können auch sie nicht leisten, vor allem gegen Vireninfektionen sind sie wirkungslos.

Die Entwicklung chemischer Theorien

Das Massenwirkungsgesetz

Das Massenwirkungsgesetz, von Cato Maximilian Guldberg und Peter Waage im Jahr 1864 formuliert, beschreibt das Verhältnis von Ausgangsstoffen zu Produkten im chemischen Gleichgewicht. Die Anwendung dieser Gesetzmäßigkeit ermöglichte in vielen technisch genutzten Reaktionen eine bessere Ausnutzung des kostspieligeren Ausgangsstoffes durch Einsatz eines Überschusses des billigeren Ausgangsstoffes.

Chemische Kinetik

In der Kinetik werden die Gesetzmäßigkeiten behandelt, die sich mit der Geschwindigkeit von Reaktionen befassen. Dazu gehört auch das Studium der Wirkung von Katalysatoren, wofür, neben seinen Arbeiten zur Kinetik, Wilhelm Ostwald 1909 den Nobelpreis erhielt.

Bindungstheorien

Walter Kossel (1915) und Gilbert Newton Lewis (1916) formulierten ihre Oktettregel, wonach Atome anstreben, acht Außenelektronen zu erlangen. Bindungen zwischen Ionen wurden auf elektrostatische Anziehung zurückgeführt, Atommodelle flossen in Form von theoretischen Berechnungen von Bindungskräften usw. in die Bindungstheorien ein.

Atommodelle

Eng mit der Chemie verbunden ist die Entwicklung von Atommodellen, welches Sachgebiet streng genommen zur Physik zu rechnen ist. Neue Atommodelle haben jedoch stets der theoretischen Chemie neue Impulse gegeben.

So entwickelte sich aus der Quantenphysik eine eigene chemische Disziplin, die Quantenchemie, die 1927 mit Berechnungen am Wasserstoffatom durch Walter Heitler und Fritz London ihre ersten Schritte unternahm.

Heute sind die Modelle mathematisch so weit entwickelt, dass durch sehr komplexe Berechnungen am Computer die Eigenschaften von Verbindungen über die Verteilung der Elektronendichte sehr genau vorausgesagt werden können.

Die Entwicklung der Analysentechnik

Neue Erkenntnisse und neue Verfahren in der Chemie hängen stets mit Verbesserungen der Analysetechnik zusammen. Darüber hinaus werden chemische Analyseverfahren – nasschemische Nachweisreaktionen sowie später die instrumentelle Analytik – etwa seit Mitte des 19. Jahrhunderts mehr und mehr in anderen Disziplinen von Wissenschaft und Technik eingesetzt. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts wird chemische Analysentechnik routinemäßig zur Qualitätssicherung in zahlreichen Produktionsverfahren, auch solchen die nicht chemischer Natur sind, eingesetzt. Außerdem spielt die Bestimmung der chemischen Zusammensetzung in Wissenschaften wie Geologie, Archäologie, Medizin, Biologie und vielen anderen eine bedeutende Rolle zum Erkenntnisgewinn.

Im Bereich der Verbrechensaufklärung begannen chemische Analysen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Nachweis von Vergiftungen eine Rolle zu spielen. Als Pionierleistung ist diesbezüglich die Marsh'sche Probe als Nachweisreaktion für Arsen zu nennen.

Qualitative Analyse

Die qualitative Analyse soll die Frage beantworten: Was ist drin?. Solche Fragestellungen gibt es vor allem in der Erzverhüttung seit Anbeginn, und dort finden sich auch schon sehr früh Anfänge einer Analysentechnik unter der Bezeichnung "Probierkunst".

Lötrohranalysen

Das Lötrohr wurde seit dem 17. Jahrhundert zunehmend präziser verwendet, um mittels Flammenfärbung und Niederschlägen auf Holzkohle Mineralien zu identifizieren und ihren Metallgehalt abzuschätzen. Hochburg dieser der Metallurgie zuzuordnenden Analysentechnik war Freiberg mit seinem reichen Erzbergbau.

Nasschemische Verfahren

Intensiv in Gang kamen nasschemische Verfahren im Laufe des 19. Jahrhunderts. Dabei werden im Bereich der anorganischen Analyse die in der Probe enthaltenen Elemente durch systematisches Fällen im Kationentrenngang und durch geeignete Farbreaktionen nachgewiesen. Entsprechende Verfahren wurden für Anionen entwickelt.

Die qualitative Analyse von organischen Substanzen erforderte im Bereich der Farbreaktionen besonders viel Erfahrung, da viele Substanzen ähnliche Farbreaktionen ergaben. Die Verfahren konnten durch die Weiterentwicklung der Laborgeräte und durch immer reinere Reagenzien immer empfindlicher gemacht werden, sodass sowohl die Größe der notwendigen Probenmengen immer kleiner wurde, als auch die nachweisbare Konzentration weiter und weiter sank.

Physikalische Verfahren

Schon in den Anfängen der Probierkunst wurden physikalische Verfahren (Flammenfärbung) zur Identifizierung von Elementen eingesetzt. Mit dem Ausbau spektroskopischer Methoden im Bereich der ultravioletten, der sichtbaren, der infraroten und der Röntgenstrahlung wurde die Identifizierung von Substanzen immer sicherer, exakter und auch schneller. Hier lassen sich qualitative und quantitative Bestimmungen sehr gut miteinander kombinieren, ebenso wie bei chromatographischen Verfahren.

Quantitative Analyse

Erst durch den Einsatz präziser Messinstrumente (vor allem Waagen) und quantitativer analytischer Methoden konnte sich seit dem 17. und 18. Jahrhundert aus der Alchemie die Chemie als Naturwissenschaft entwickeln. Fortschritte in der Genauigkeit und Empfindlichkeit von quantitativen Analysen mit dem Ziel genauester Gehaltsangaben sind daher stets mit einer Weiterentwicklung von Geräten zur Messung von Masse und Volumen verbunden. Dies führte oft zu Entdeckungen neuer chemischer Elementen, Verbindungen und Reaktionen.

Gravimetrie

Die Gravimetrie, also die Mengenbestimmung mit einer empfindlichen Waage, kann wohl als die Analysemethode des 19. Jahrhunderts angesprochen werden. Dabei wurde nach zuverlässigen Reaktionen gesucht, in denen die Menge der Produkte nicht nur theoretisch, sondern auch praktisch in einem eindeutigen Verhältnis zum zu bestimmenden Ausgangsstoff steht. Ein klassisches Beispiel für dieses Verfahren ist die Bestimmung des Chloridgehaltes durch Fällen mit Silbernitrat und Wiegen des getrockneten Niederschlages von Silberchlorid. Auch bei der Elementaranalyse spielt Gravimetrie eine wichtige Rolle, z. B. mit Hilfe des von Liebig entwickelten Fünf-Kugel-Apparates.

Gravimetrische Verfahren sind umständlich und langsam, wenn auch sehr genau. Das nach der Fällungsreaktion notwendige Filtrieren, Auswaschen und Trocknen dauerte, je nach Substanz, Stunden bis Tage. Daher suchte man nach schnelleren Verfahren, die besonders in der Qualitätskontrolle einer industriellen Chemieproduktion sehr gesucht sind.

Mit der Elektrogravimetrie wurde das Verfahren der Elektrolyse ab etwa dem Beginn des 20. Jahrhunderts als Verfahren zur sauberen Abtrennung von Metallen aus den Lösungen ihrer Ionen, die anschließend gewogen wurden, eingeführt.

Volumetrie

Die Gravimetrie erlaubte sehr genaue Analyseresultate, war jedoch in der Durchführung zeitraubend und aufwendig. Im Zuge der aufblühenden chemischen Industrie wuchs die Nachfrage nach schnelleren und dennoch genauen Analysemethoden. Die Messung des Volumens einer Reagenzlösung bekannten Gehaltes (Maßlösung) konnte vielfach eine gravimetrische Bestimmung ersetzen. Bei einer solchen Titration muss der zu bestimmende Stoff schnell und in eindeutiger Weise mit der Maßlösung reagieren. Das Ende der Reaktion muss erkennbar sein. Hierzu verwendet man häufig Farbindikatoren. Die Waage kam jetzt nur noch bei der Herstellung der Maßlösung zum Einsatz. Solche volumetrischen (titrimetrischen) Verfahren kamen bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts auf. Sie entwickelten sich aus halbquantitativen Probiermethoden beispielsweise zur Gütebestimmung von Weinessig. Hierbei gab man zu einer abgemessenen Essigprobe solange Sodapulver hinzu, bis kein erneutes Aufschäumen (Kohlendioxidbildung) mehr auftrat. Je mehr Soda verbraucht wurde, desto besser war der Essig. Eines der ersten sehr genauen Titrationsverfahren war die Chloridbestimmung nach Gay-Lussac (Klarpunkttitration mit Silbernitratlösung). Weitere Verbreitung fanden Titrationen, als entscheidende praktische Verbesserungen vorgenommen wurden. So ermöglichte die Bürette mit Quetschhahn nach Mohr eine leichte und genaue Dosierung der Maßlösung. Im Laufe des 19. und 20. Jahrhunderts wurden viele unterschiedliche Reaktionstypen für die Titration nutzbar gemacht. Hierzu gehörten neben den schon länger bekannten Fällungs- und Säure-Base-Titrationen auch Redox- und Komplextitrationen.

Chromatographische Methoden

Der russische Botaniker Michail Semjonowitsch Zwet berichtete 1903, dass sich gelöste Stoffe durch Durchfließen einer mit einem Adsorptionsmittel gefüllten Säule trennen lassen. Das Verfahren fand erst in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts vermehrt Beachtung, führte dann aber zu einer großen Zahl von Verfahren, die für qualitative und quantitative Bestimmungen von zahlreichen Substanzen aus Gemischen geeignet sind: Papierchromatographie, Gaschromatographie, Hochdruckflüssigchromatographie, Gelpermeationschromatographie, Dünnschichtchromatographie, Ionenaustauschchromatographie, Elektrophorese.

Solche Verfahren revolutionierten die Analyse von komplexen Gemischen. Oftmals war erst durch eine chromatographische Methode eine umfassende Analyse möglich. In allen Fällen beschleunigte und verbilligte die Chromatographie die Arbeit der analytischen Labors und machte dadurch eine erhebliche Ausweitung von Lebensmittelkontrollen und Dopingkontrollen sowie genauere Prozessüberwachung zahlreicher Produktionsprozesse als Routinemaßnahme erst praktisch möglich.

Einen weiteren Qualitätssprung bedeutete in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Kombination chromatographischer Trennverfahren mit spektroskopischen Identifizierungsverfahren wie Massenspektrometrie, Infrarotspektroskopie und anderen.

Automatisierung von Analyseverfahren

Seit der Entwicklung der elektronischen Datenverarbeitung wurden Analyseverfahren mehr und mehr automatisiert. Dazu eigneten sich besonders volumetrische, spektroskopische und chromatographische Verfahren. Die Automatisierung führte zu einer wesentlichen Kapazitätsausweitung der Analysenlabors und zu einer Senkung der Kosten. Dies hatte zur Folge, dass zu Kontroll- und Überwachungszwecken mehr Analysen durchgeführt werden konnten. Die Automatisierung von Analyseverfahren hat sehr wesentlich dazu beigetragen, Lebensmittelkontrollen, Dopingkontrollen, klinische Blut- und Gewebeuntersuchungen usw. auszuweiten und zu einem alltäglichen Kontrollinstrument zu machen. Auch in der Forschung konnten wesentlich größere Probenserien analysiert werden und so sicherere Aussagen, beispielsweise über Abhängigkeiten von Wirkstoffgehalten in Pflanzen oder über mineralogische Zusammenhänge gemacht werden. Außerdem führte die Automatisierung durch präzisere Einhaltung von Bedingungen, besonders bei der Probenaufgabe, zu einer weiteren Verbesserung der Messgenauigkeit.

Die Entwicklung der Laborausstattung

Sowohl für die Möglichkeiten der Analytik als auch für die Herstellung von Substanzen im kleinen Maßstab spielte die Ausstattung der Labors eine wichtige Rolle. Zunächst standen zum Erhitzen nur kleine Holzkohleöfen zur Verfügung, die schwierig zu regulieren und umständlich zu handhaben waren. Mit der Einführung von Leuchtgas in den Städten und der Erfindung des Bunsenbrenners stand eine unkomplizierte und leicht zu regulierende Möglichkeit zum Erhitzen zur Verfügung. Dazu spielt die Erfindung der Vulkanisierung von Kautschuk durch Charles Goodyear eine wichtige Rolle, da hierdurch Gummischläuche als flexible Gasleitungen zur Verfügung standen. Immer wieder ermöglichten gerade Entwicklungen der Chemie die Weiterentwicklung der Laborausstattung, was dann wiederum zu einem weiteren Fortschritt der Chemie führte. Einen weiteren Schritt hin zu exakter Temperaturführung sind die elektrischen Heizpilze und thermostatisierte Wasserbäder, die ihren bisherigen Höhepunkt in einer computergesteuerten Reaktionsführung mittels Thermosensoren und gesteuerter elektrischer Heizung finden.

Glasgeräte waren ursprünglich dickwandig und klobig. Dies war ein wesentlicher Grund, warum für Analysen große Materialmengen benötigt wurden. Mit der Einführung der Gasflamme in die Glasbläserei und mit der Weiterentwicklung von Zusammensetzung der Gläser konnten Laborgeräte immer kleiner, dünnwandiger und in komplexeren Formen hergestellt werden. Die so entstehende Vielfalt von aus der Praxis entwickelten Geräten half sehr wesentlich dabei mit, die Analysenmengen zu verringern und für die Herstellung von Substanzen immer komplexere Prozesse praktisch durchführen zu können. Durch Einführung des Normschliffes für Glasgeräte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden die mittlerweile industriell hergestellten Einzelteile problemlos gegeneinander austauschbar und erlaubten den Aufbau von sehr komplexen, spezialisierten Versuchsanordnungen mit geringem zeitlichen Aufwand.

Immer mehr fanden Kunststoffe Eingang ins chemische Labor und erleichterten die Arbeit. Waren unzerbrechliche, chemikalienbeständige Gefäße im 19. Jahrhundert noch aus mit Paraffin getränkter Pappe, bestehen viele moderne Laborgeräte aus Polyethylen, Polypropylen, Polystyrol, Polycarbonat und, für besonders gute Beständigkeit gegen Säuren und Laugen sowie mit sehr leicht zu reinigender Oberfläche aus Teflon. Die Einführung von leichten, kostengünstig herzustellenden Geräten aus Kunststoff führte zur immer häufigeren Verwendung von Einweg-Geräten. Dadurch wurde die Gefahr der Verunreinigung mit Resten von früherem Arbeiten ausgeschaltet und die Zuverlässigkeit und Empfindlichkeit von Analysen weiter in die Höhe getrieben.

Mit dem Einzug von elektrischen Geräten in die Technik ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts profitierte auch das chemische Labor von elektrischen Rührern, Schüttlern, Mühlen, Pumpen usw., die die Arbeit wesentlich erleichterten. Ein nächster Schritt sind gesteuerte Geräte, die im zeitlichen Ablauf programmiert werden können. Dies machte eine persönliche Überwachung, vor allem von lang dauernden Prozessen mit Parameteränderungen, verzichtbar.

Gesellschaftliche Reaktionen gegen das Eindringen der Chemie in jeden Bereich

Beginnend im 19. Jahrhundert wurde die Chemie in der Neuzeit ein immer bedeutenderer wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Faktor. Die Rolle der Chemie, vor allem der Chemieindustrie, mit ihren Schattenseiten war immer wieder mit unterschiedlichen Schwerpunkten in der Diskussion. Auf der anderen Seite veränderte die Chemie durch neue Substanzen das äußere Erscheinungsbild von Menschen und Gebäuden, man denke etwa an Farben und Kunststoffe.

Arbeitssicherheit

Die erste gesellschaftliche Reaktion betraf die in der Anfangszeit schlimmen Arbeitsbedingungen in der chemischen Industrie, die zu schweren Erkrankungen von Chemiearbeitern und Arbeiterinnen führten. Nicht immer war dies auf Gleichgültigkeit von Unternehmern zurückzuführen, meist waren die Gefahren durch die neuen Stoffe noch unbekannt. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurden Vorschriften zur Arbeitssicherheit erlassen, die die Gefahren verminderten. Dazu gehörten auch regelmäßige ärztliche Untersuchungen. Mit der Einführung immer besser geschlossener Prozesse und immer besserer persönlicher Sicherheitsausrüstung in der Industrie verminderten sich die Risiken durch das Einatmen, Verschlucken oder die Aufnahme durch die Haut erheblich.

Ein zweites Risiko in der chemischen Industrie ist das Unfall- und Brandrisiko, das immer noch gegeben ist. Durch immer besseren vorbeugenden Brandschutz, zu dem das immer tiefere chemische Wissen erheblich beiträgt, durch immer besser ausgebildete und ausgerüstete Werkfeuerwehren mit immer mehr chemischem Wissen konnte das Risiko immer weiter gedrückt, aber nie ganz ausgeschaltet werden, wie spektakuläre Chemieunfälle in den letzten Jahren zeigen. Chemieunfälle wie das durch Cyanid ausgelöste Fischsterben in der Theiß oder der gar die rund 8000 Toten (weitere 20.000 an den Spätfolgen) von Bhopal führten ebenso wie andere Unfälle zu heftigen Diskussionen über die Risiken einer chemischen Industrie.

Emissionen und Abfall

In der Anfangszeit der chemischen Industrie unterschätzte man das Potential der Umweltschädigung durch Abwässer und Emissionen mit der Abluft sehr stark. Der erste Schritt zu einer Verbesserung der Situation bestand in einer Erhöhung der Schornsteine, so dass sich die Schadstoffe über ein weiteres Gebiet in der Erdatmosphäre verteilen und so verdünnen konnten. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann allmählich ein Umdenken – nicht nur im Hinblick auf landwirtschaftlich ausgetragene Pestizide, privat emittierten Tabakrauch und überschüssige Waschmittel-Phosphate. Eine wachsende Umweltbewegung zwang die Industrie ab etwa 1970 zunehmend, Abwasser und Abluft zu reinigen und so die Schadstoff-Emissionen zu minimieren.

Biobewegung

Nachdem die chemische Industrie als Heilsbringer in der Landwirtschaft bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts hochgelobt wurde und auch beachtliche Erfolge zur Ertragssteigerung vorweisen konnte, bildete sich etwa ab 1970 eine zunächst immer stärker werdende Bewegung, die in der Gründung sogenannter grüner Parteien gipfelte. Diese Bewegung kämpfte gegen den immer stärker werdenden Anteil von synthetischen Substanzen der chemischen Industrie in der Landwirtschaft als Dünger, Wachstumsförderer, Tiermedikament, Schädlingsbekämpfungsmittel usw.

Die grüne Bewegung nahm sich auch der Nahrungsmittelherstellung an und prangerte nicht nur chemisch gestützte Pflanzen- und Tierproduktion an, sondern auch die Verwendung von künstlichen Stoffen als Bestandteile oder Zusatzmittel für Lebensmittel. Als Gegenreaktion großindustrielle Produktion in Landwirtschaft und Nahrungsmittelerzeugung mit starkem Einfluss chemischer Methoden und künstlicher Substanzen fordert die Ökobewegung eine Beachtung natürlicher Kreisläufe mit nur sanftem Eingriff des Menschen und den möglichst vollständigen Verzicht auf die Einbringung von künstlichen Substanzen in den biologischen Kreislauf.

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